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Normalweise bewirkt die Behandlung einer HIV-Infektion mittels antiretroviraler Therapie (ART) eine Absenkung der Viruslast unter die Nachweisgrenze von 20-50 Kopien/ml Blut. Allerdings kommt es bei einer kleinen Anzahl von Patienten (etwa einer von 250 Patienten) zu dem Phänomen der „nicht unterdrückbaren Viruslast“ (non-suppressable viral load, NSV). Dabei lässt sich die Viruslast auch durch Umstellung oder Intensivierung der Therapie nicht unter die Nachweisgrenze senken, sondern kann bis zu 1000 Kopien/ml Blut betragen.
Die Ursache für dieses Phänomen ist nicht abschließend geklärt, man weiß allerdings, dass über 90% aller HIV-Proviren (inaktive Viren) in menschlichen Zellen defekt sind und bei Aktivierung der Zelle nur nicht-infektiöse Viruspartikel produzieren, die allerdings keine neuen Zellen infizieren können. Ursächlich dafür ist wahrscheinlich ein Selektionsdruck, da Zellen die intakte Viren beherbergen, schneller vom Immunsystem erkannt und abgetötet werden. So führt es im Laufe der Zeit dazu, dass das Reservoir vermehrt defekte Viren enthält. Man schätzt sogar, dass sich eine HIV-Infektion deswegen nach ca. 70 Jahren selbst beenden könnte.
Diese fehlerhaften Viren enthalten allerdings weiterhin virales Erbmaterial und dies wird im Viruslasttest mit erfasst.
Aus diesem Grund sollte jede messbare Viruslast unter ART genauer beobachtet und interpretiert werden. Ist es nur ein einmaliger Anstieg auf Werte unter 200 Kopien/ml muss man sich keine Sorgen machen. Ist die Viruslast bei mehreren Messungen hintereinander steigend messbar, ist dies ein Zeichen auf Versagen der Therapie. In dem Fall sollte man schnell handeln und einen Resistenztest durchführen, sowie eine vermeidlich mangelnde Einnahmetreue des Patienten oder Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln überprüfen. Ist hingegen eine Viruslast bei mehreren Messungen messbar, aber der Wert übersteigt nicht 1000 Kopien/ml und es ist kein klarer Trend erkennbar, handelt es sich wahrscheinlich um eine nicht unterdrückbare Viruslast (NSV).
Quelle: Projekt Information e.V. Informationen zu HIV, Hepatitis und anderen Viren Ausgabe März/April 2023 Artikel „Nicht unterdrückbare Viruslast – gefährliche Altlast oder harmloses Artefakt?“
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Seit Jahren ist man bei der HIV-Therapie auf feste Wirkstoffkombinationen umgestiegen. Dabei gibt es neben Drei- und Vierfachregimes mit z.B. Dovato auch ein Präparat, das nur 2 Wirkstoffe umfasst. Bei Dovato handelt es sich um eine feste Kombination aus den Wirkstoffen Dolutegravir und Lamivudin.
In einer langjährigen klinischen Studie wurde nun die hohe Wirksamkeit von Dovato belegt. Laut den Empfehlungen der Leitlinie zur Behandlung von HIV-Infektionen kann Dovato vor allem eingesetzt werden um eventuellen Langzeitnebenwirkungen vorzubeugen oder Wechselwirkungen zu vermeiden.
In der groß angelegten Studie, an der insgesamt über 700 HIV-Patienten teilnahmen wurde die Wirkstoffkombination in Dovato mit anderen Therapieregimen verglichen. Hierfür wurden Daten über einen Zeitraum von fast 4 Jahren gesammelt und ausgewertet. Dabei konnte für die Wirkstoffkombination von Dovato eine hohe Resistenzbarriere festgestellt werden. Es gab im Rahmen der klinischen Studie lediglich einen bestätigten Fall eines virologischen Versagens. Im Rahmen der HIV-Therapie ist vor allem die Vermeidung von Resistenzentwicklungen wichtig. Genau um diese zu vermeiden ist die regelmäßige Einnahme der entsprechenden Medikamente essentiell. Auch die unerwünschten Nebenwirkungen der Therapie waren selten. Insgesamt wurde von den Studienteilnehmern über einer guten Verträglichkeit berichtet.
Quelle: Umstellung auf Dolutegravir/Lamivudin-hohe Wirksamkeit bis zu 4 Jahren gezeigt, HIV & More, Ausgabe 1 März 2023
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Eine lebenslange Therapie von HIV erhöht das Risiko für Resistenzen gegen die eingesetzten Arzneimittel. So ist es nicht verwunderlich, dass bei jedem/-r dritten HIV-Infizierten erworbene resistenzassoziierte Mutationen nachgewiesen wurden. Resistenzen können sich entweder mit der Zeit entwickeln, sie können aber auch bei der Infizierung weitergegeben werden.
Die Zahl HIV-Infizierter in Deutschland hat sich in den letzten 20 Jahren mehr als verdoppelt. Dies liegt allerdings zu großen Teilen daran, dass durch das gute Ansprechen der antiretroviralen Therapie (ART) die Patienten ein deutlich höheres Alter erreichen können. Gleichzeitig bedeutet diese längere Behandlungsdauer aber auch, dass das Risiko für Arzneimittelresistenzen steigt. Dies sieht man auch im leichten Anstieg des Anteils von sekundär erworbenen Resistenzen von 31,3% auf 32,4%.
Daher ist es wichtig mit einer möglichst einfachen Therapie eine dauerhafte vollständige Hemmung der Virusreproduktion zu erreichen und so Resistenzen vorzubeugen. Single-Tablet-Regime (STR), wobei die Tablette mehrere Wirkstoffe in einem beinhaltet, helfen dabei durch ihre einfache, einmal tägliche Einnahme die Adhärenz und somit auch den Therapieerfolg zu verbessern. Denn auch die unregelmäßige Einnahme und somit zu geringe Wirkstoffspiegel fördern die Resistenzbildung.
Eine neue Analyse der Verlängerungsphase der AMBER- und EMERALD-Studien zeigt nun, dass sich die Single-Tablet Regime auf lange Sicht als wirksam und resistenzstabil erweisen. In der AMBER-Studie wurden HIV-Patienten, die bereits eine AR-Therapie bekommen zufällig entweder mit dem Single-Tablet Regime oder mit einem Multi-Tablet Regime behandelt. Bei der EMERALD-Studie wiederum wurden HIV-Patienten von einem geboosterten Multi-Tablet-Regime auf ein Single-Tablet Regime umgestellt. Durch die langen Studienzeiten und die anschließende Verlängerungsphase hat man nun Langzeitdaten von über 5 Jahren zur Wirksamkeit und Resistenzbarriere der Single-Tablet Regime.
Dabei ließ sich zeigen, dass Patienten, die dauerhaft die STR erhalten haben, zu 98% unter der Viruslastnachweisgrenze liegen und kein Patient resistenz-assoziierte Mutationen entwickelt hat.
STRs stellen somit für erfahrene Patienten mit hoher Adhärenz eine verlässliche Langzeittherapie mit guter Wirksamkeit und sehr hoher Resistenzbarriere dar.
Quelle: HIV&more Von Experten für Experten Ausgabe 1 März 2023 Art. „Langfristiger Schutz vor Resistenzentwicklung“ von Dr. G. Dufhues