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Bei Zinlirvimab, auch 10-1074 genannt, handelt es sich um eine Prüfsubstanz, genauer einem neutralisierendem Antikörper, welcher vor allem bezogen auf die HIV-Therapie eine neue Möglichkeit darstellt.
Bei dem Antikörper selbst handelt es sich um einen rekombinanten, humanen IgG Antikörper, welcher eine einzige Struktur erkennt und somit in die Klasse der monoklonalen Antikörper fällt.
Die Zielstruktur ist ein spezieller Bereich auf der Hülle der Spikeproteine der Zelle und der Antikörper bindet dort zum einen an die umgebenden Glykane, also Zuckerreste, und weitere Zielstrukturen.
Dadurch werden mehrere Effekte erzielt:
Zum einen wird die virale Vermehrung unterbunden indem den Viren der Eingang in die Zelle und auch die Übertragung von Zelle zu Zelle verwehrt wird.
Außerdem wird durch die Bindung der Antikörper an dessen Zielstruktur eine Phagozytose induziert, was im weiteren Verlauf beispielsweise die Antikörper abhängige zellvermittelte Zytotoxizität und letztendlich die natürlichen Killerzellen (NK) aktiviert. Diese töten letztendlich die HI Viren.
Zudem fördern sie eine Reifung und Aktivierung dendritischer Zellen. Dabei handelt es sich um antigenpräsentierende Zellen, welche einen wichtigen Bestandteil unseres Immunsystems ausmachen.
Auch in der Prävention ist dieser Antikörper von Interesse, da er eine Ansteckung mit dem HI Virus unwahrscheinlicher macht und somit als PrEP in Frage kommt.
Zinlirvimab wird intravenös injiziert und hat eine Halbwertszeit von ca. 12,8 Wochen bei HIV positiven Menschen und um die 24 Wochen bei nicht infizierten Menschen.
Mittlerweile sind auch länger wirksame Formen in der Testung. Beispielsweise mit einer Halbwertszeit von 3,8 Wochen. Dies würde eine intravenöse Behandlung einmal im Monat bedeuten, was für einige Patienten, welche mindestens einmal am Tag ihre Medikation einnehmen müssen, eine Entlastung und Vereinfachung der Therapie bedeuten würde. Es gibt eine Reihe an Studien, die die Wirksamkeit von Zinlirvimab belegen, wie beispielsweise die Tatelo Study (NCT03707977) in welcher 28 Kinder mit dem Wirkstoff anstelle der klassischen ART behandelt wurden. Es konnte kein Anstieg der HI Virus Kopien im Körper und somit keine Vermehrung festgestellt werden.
In einer weiteren Studie (Titan, NCT03837756) wurde ebenfalls die Wirksamkeit und Effizienz von Zinlirvimab in Kombination mit Lefitolimod untersucht. Auch in dieser Studie konnte bestätigt werden, dass es zu keinem HI Virus Anstieg im Körper kam. Hier wurde die klassische ART mit dem bNAb + Lefitolimod ausgetauscht.
Bis jetzt sind keinerlei Nebenwirkungen beschrieben worden, weder bei der Infusion noch im Nachhinein. Jedoch ist wichtig zu betonen, dass dieser Wirkstoff noch getestet wird und sich bei weiteren Testungen mit Sicherheit auch Nebenwirkungen zeigen werden.
Es zeigt uns, dass ständig neue potentielle Arzneistoffe gefunden und getestet werden. Auch wenn es schon einiges bezogen auf HIV auf dem Markt gibt, ist der Wunsch etwas zu finden, was in Sachen Verträglichkeit, Anwendung und Wirksamkeit überzeugt, groß.
Zinlirvimab könnte ein weiterer Schritt in die richtige Richtung sein.
Quelle: clinicalinfo. Hiv.gov/en/drug/10-1074/patient; clinicalinfo. Hiv.gov/en/drug/10-1074/health-professional
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Das Ziel steht schon länger fest: Bekämpfung der HIV/AIDS Epidemie weltweit bis 2030. Vorzeigeland in der Bekämpfung ist Australien und könnte demnächst das erste Land sei, welches den endemischen Zustand verkünden könnte.
Die Zahlen sind eindeutig, nur 555 neue HIV-Infektionen im Jahr 2022, ein Wert welcher sich im Vergleich zu vor 10 Jahren halbiert hat. Mehrere Schlüsselkonzepte waren und sind erfolgsgebend für Bekämpfung der Infektion. Zu einem wurde eine höhere Testrate dadurch erreicht, dass das Thema HIV enttabuisiert wurde und dadurch Infektionen früher erkannt und behandelt werden konnten. Einhergehend mit der guten Aufklärungs- und Präventionsarbeit und der leichte Zugang zur PrEP (Prä-Expositions-Prophylaxe) bilden einen weiteren wichtigen Baustein bei der HIV-Bekämpfung. Nicht zu vernachlässigen sind auch Reduktionen der Infektionszahlen durch die Einschränkungen während der Corona-Pandemie, welche jedoch auch nach den Lockerungen wieder einen kleinen Anstieg verzeichneten.
Das angestrebte Ziel HIV bis 2030 zu eliminieren wird auf der einen Seite in Teilen Afrikas (Botswana, Tansania) erfolgreich umgesetzt, wo die Zahlen stetig sinken und gute Entwicklungen stattfinden.
Wiederum steigen in einigen osteuropäischen Ländern die Zahlen, da hier die LGBTQ-Community und Drogenabhängige ausgegrenzt oder gar verfolgt werden.
Die Lage in Deutschland ist gut, aber verbesserungsfähig. Die PrEP ist selbstverständlich hierzulande verfügbar und wird von den Krankenkassen übernommen, aber lange Wartezeiten auf Arzttermine und die Versorgung außerhalb der großen Städte ist ein erhebliches Problem. Außerdem werden nicht alle Personengruppen gleich gut mit Präventions- und Aufklärungsarbeit erreicht, sodass es noch relativ viele Spätdiagnosen bei Frauen gibt und u.a. Menschen im Strafvollzug durch den Föderalismus unterschiedlich gut informiert werden.
Somit ist die Bekämpfung des HI-Virus weniger eine Frage des Geldes, sondern ein politischer und gesellschaftlicher Wille..
Quelle: http://www.tagesschau.de/wissen/gesundheit/aids-australien-deutschland-100.html
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Der Angriffskrieg von Russland auf die Ukraine hat das Leben von vielen Menschen verändert, auch weit über die Grenzen der betroffenen Länder hinaus. Viele der Menschen, die in der Ukraine gelebt haben, mussten flüchten und eine neue Heimat finden. So wurden allein in Deutschland 1.114.070 Geflüchtete registriert. Diese Menschen haben ebenfalls Einfluss auf die Erfassung von Neudiagnosen von HIV-Erkrankungen.
In Deutschland sind nämlich alle HIV-Diagnosen meldepflichtig, selbst wenn es sich um Erkrankungen handelt, die bereits bekannt sind, die Menschen aber das erste Mal in Deutschland sind. Es handelt sich also nicht immer um Neudiagnosen.
Die HIV-Meldungen von 2022 werden im Folgenden genauer charakterisiert und eingeordnet. In die untersuchte Analyse fließen insgesamt 2.968 HIV-Erkrankungen ein, dabei sind davon 1.139 deutscher Herkunft, 724 ukrainischer und 1.105 können anderen Ländern zugeordnet werden.
Die Altersverteilung der Betroffenen Patient:innen war bei den deutschen Fällen am höchsten, gefolgt von der ukrainischen Patientengruppe und der Patientengruppe der anderen Länder war am geringsten.
Die geschlechtsspezifische Verteilung der Betroffenen Fälle zeigte bei der ukrainischen Patientengruppe eine zwei Drittel Mehrheit von weiblichen Patientinnen, während in der deutschen Patientengruppe und in der Patientengruppe der anderen Länder die Mehrheit der Betroffenen männlich war.
Auch bei den Übertragungswegen gab es Unterschiede bei den unterschiedlichen Herkunftsländern: So waren vor allem in der ukrainischen Patientengruppe die Übertragungswege „heterosexuelle Übertragung“, intravenöser Drogenmissbrauch und perinatale Übertragung, also die Übertragung von der Mutter auf das Kind durch die Geburt häufiger, während in den anderen beiden Gruppen andere Übertragungswege häufiger waren.
Außerdem ist es wichtig, die Infektionen nach bereits länger bestehenden Infektionen oder tatsächlichen Neuinfektionen einzuteilen. Dies lässt sich über die sogenannte Rezenz klassifizieren. Die Rezenz beschreibt dabei erst kürzlich erworbene Infektionen, während nicht-rezente Infektionen schon länger bestehen.
Beim Vergleichen der unterschiedenen Bevölkerungsgruppen konnten auch dabei Unterschiede festgestellt werden: Dabei waren deutsche Fälle meist rezent, also Neuinfektion, während die ukrainischen Fälle hauptsächlich (95,9%) als nicht-rezent eingestuft wurde.
Quelle:https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2023/Ausgaben/47_23.pdf?__blob=publicationFile