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Epidemiologische Überwachungsbehörden berichten von einem Anstieg der Hepatitis A Neudiagnosen in Europa. Mit 5983 Fällen waren es bis August dieses Jahres schon mehr als doppelt so viele, wie im gesamten letzten Jahr.
Bisher haben sich Männer und Frauen etwa gleich häufig angesteckt. In 2017 infizierten sich aber Männer, die Sex mit Männern haben dreimal häufiger mit Hepatitis A. Dass sich das Virus fäkal-oral überträgt, könnte dieses Phänomen erklären. Oral-anale sexuelle Praktiken beim MSM erleichtern es dem Virus von einem auf den anderen Menschen überzugehen.
In Berlin wurde zur Sicherheit der Teilnehmer, bereits eine Sexparty abgesagt. Viele Veranstalter solcher Partys weisen auf das Infektionsrisiko hin und betonen, dass es eine gut wirksame Impfung gibt.
Hepatitis A Viren übertragen sich auch durch unzureichende Hygiene in der Gastronomie. Außerdem reichern sich Viren, die durch infizierte Abwässer in Flüsse gelangen in Austern an. Isst man solche Austern roh, kann man sich dabei anstecken.
Eine Infektion führt mitunter zu einer akuten Leberentzündung, die Betroffene mit Abgeschlagenheit, Druck im Oberbauch, und Juckreiz belastet. Gelbe Augen, heller Stuhlgang und dunkler Urin kennt man als klassische Symptome. Oft verläuft eine Infektion aber auch völlig unbemerkt oder sehr mild. Bei gesunden Menschen heilt die Hepatitis A gewöhnlich folgenlos aus.
Anders sieht es bei Menschen aus, die bereits an einer chronischen Lebererkrankung wie Hepatitis B oder C leiden. Dann kann Hepatitis A deutlich schwerer verlaufen und möglicherweise tödlich enden.
Deshalb empfehlen Experten jedem sich impfen zu lassen. Der kurze Pikser gilt als hochwirksam und gut verträglich und kann auch als Kombiimpfung mit Hepatitis B verabreicht werden. Menschen mit erhöhtem Risiko, wie Männer, die Sex mit Männern haben und Reisende profitieren besonders von dem Impfschutz.
Quelle: Projekt Information, November / Dezember 2017, Jahrgang 25, Nr. 6
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Auch im Jahr 2017 gab es auf dem HIV- und Hepatitissektor zahlreiche Neuerungen. Hierbei handelte es sich überwiegend um Optimierungen bereits vorhandener Wirkstoffe, welche als neue chemische Verbindung, Formulierung sowie Kombinierung auf den Markt kamen. Darüber hinaus spielten im Bereich der Neuzulassungen vor allem Generikapräparate eine immer größere Rolle.
Eine große Vereinfachung in der HIV-Therapie konnte kürzlich durch das neue Medikament Symtuza® erreicht werden, da bei diesem mit einer einmal täglichen Einnahme einer Tablette alle notwendigen Wirkstoffe verabreicht werden können. In der neuen Kombipille sind die vier Arzneistoffe Darunavir, Cobicistat, Tenofoviralafenamid und Emtricitabin enthalten. Dadurch wird die Einnahme der Medikamente für Patienten vereinfacht und somit eine regelmäßige Einnahme besser gewährleistet.
Auch bei dem Arzneimittel Isentress 600® liegt ein leichteres Einnahmeschema vor. Das Präparat Isentress® enthält den Wirkstoff Raltegravir und ist bereits länger im Handel. Seit kurzem ist Raltegravir mit einer neuen Tablettentechnologie und einer anderen Dosis erhältlich ist. Bei der neuen Variante (600 mg) müssen wie bei dem Vorgänger (400 mg) auch 2 Tabletten eingenommen werden, jedoch erfolgt die Einnahme einmal täglich anstatt zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten.
Weiterhin gibt es im Bereich der HIV-Therapie neue Tenofovir-Generika, also Arzneimittel, die den gleichen Wirkstoff wie Truvada® enthalten und von anderen Firmen hergestellt werden. Generika sind in der Regel sehr viel günstiger als entsprechende wirkstoffgleiche Originalprodukte. Hierdurch kommt es zu starken Entlastungen im Gesundheitssystem insgesamt. Die gesetzlichen Krankenkassen vereinbaren zumeist Rabattverträge sowohl mit Originalanbietern als auch Generikafirmen.
Für HIV-positive Säuglinge gibt es eine neue Darreichungsform des Wirkstoffes Atazanavir mit dem Namen Reyataz® 50mg, welches in Kombination mit Ritonavir-Saft verabreicht wird. Der Vorteil des pulverförmigen Arzneimittels ist, dass es nach Körpergewicht dosiert und unter die Nahrung gerührt verabreicht werden kann.
In der Behandlung der Hepatitis sind im Jahr 2017 ebenfalls neue Medikamente auf den Markt gekommen. Zur Behandlung der Hepatitis B ist nun das Arzneimittel Vemblidy® erhältlich, dessen Wirkstoff Tenofoviralafenamid zuvor bereits in der Behandlung von HIV neu eingeführt wurde.
Der Erfolgszug neuer Hepatitis C-Mittel ebbt nicht ab. Auch in diesem Jahr sind wieder neue Kombinationspräparate auf den Markt gekommen, wie das im Vorjahr erschienene Epclusa® von Gilead, welche gegen alle HCV-Genotypen wirksam sind und zu einer vollständigen Elimination des Virus führen. Epclusa® enthält eine Kombination von Sofosbuvir und Velpatasvir, die über 12 Wochen genommen wird.
Vorteil der neuen Kombination in Maviret® von Abbvie aus Glecaprevir und Pibrentasvir ist, dass sie nur noch 8 Wochen eingenommen werden muss und die Therapiedauer somit um 4 Wochen gekürzt werden konnte. Maviret® kann außerdem bei dialysepflichtigen Patienten mit Nierenfunktionsstörungen eingenommen werden.
Der Hersteller Gilead brachte zeitgleich nochmals eine neue Kombinationstherapie aus dem altbekannten Wirkstoff Sofosbuvir, Velpatasvir und Voxilaprevir namens Vosevi® auf den Markt. Die Therapiedauer von Vosevi® beträgt ebenfalls nur 8 Wochen und kann bei Patienten eingesetzt werden, die vorab erfolglos therapiert worden sind.
Es wird vorsorglich darauf hingewiesen, dass es auch unter den neu zugelassenen Präparaten zu einer Hepatitis-B-Reaktivierung kommen kann, weshalb eine Vorinfektion ausgeschlossen werden sollte.
Außerdem gibt es in den USA das Arzneimittel Viekira XR®, welches die beiden Medikamente Viekirax® und Exvira® beinhaltet. Durch diese Kombination, wird die Einnahme für den Patienten erleichtert, in Deutschland gibt es jedoch keine Zulassung.
Quelle: Projekt Information, 25/Nr. 6, November/Dezember 2017
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Berlin - Neue Daten haben es gerade erst wieder belegt: Deutschland gelingt es bisher nicht, die Zahl der HIV-Neuinfektionen pro Jahr zu senken. Mit Spannung beobachten Experten, ob die PrEP etwas bewirken kann.
Die tägliche Dosis gegen HIV kommt in kleinen Plastikbeutelchen von der Rolle. Das Medikament zur Vorbeugung, das sich Interessierte lange Zeit bei fragwürdigen Quellen im Ausland bestellten, ist seit Oktober in Deutschland erschwinglicher. Der Preis sank durch eine Initiative von Apotheker Erik Tenberken von mehreren Hundert auf 50 Euro monatlich – bezahlen müssen die User die Präexpositionsprophylaxe (PrEP) aus eigener Tasche.
Inzwischen seien bereits 1349 Rezepte eingelöst worden, so Professor Dr. Hendrik Streeck, der eine Begleitstudie leitet und Direktor des Institut für HIV-Forschung an der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen ist. In Berlin sind aktuell acht Apotheken Teil des Pilotprojekts, bislang wurden 679 Rezepte beliefert. In Köln waren es 168, in Hamburg 77 und in München 144 Rezepte. Tenberkens Taktik in den großen Städten zu beginnen, ist aufgegangen. In der Zwischenzeit sind weitere Apotheken aus Städten wie Dresden, Kassel, Jena, Tübingen, Chemnitz, Hagen, Münster, Kiel, Koblenz und Essen ebenfalls Teil des Projektes.
Streeck arbeitet für die Studie PRIDE eng mit dem Robert-Koch-Institut (RKI) zusammen. Die Studie soll Daten und Fakten schaffen, die das Pilotprojekt von Tenberken untermauern sollen und den Weg zur Erstattungsfähigkeit ebnen. Streeck ist sich sicher: „Die Fakten sprechen für sich.“
Die große Frage dabei: Infizieren sich von nun an nachweislich weniger Menschen mit dem Virus? Diese Hoffnung verbinden Experten mit der 2016 in der EU zugelassenen PrEP. Truvada (Emtricitabin/Tenofovirdisoproxil, Gilead) hatte in Deutschland als erstes Arzneimittel die Zulassung für die PrEP erhalten. Die Fixkomination ist in der Dosierung 200/245 mg als Dauermedikation zugelassen – jedoch nicht für die anlassbezogene PrEP. Mit dem Auslaufen des Patents im Juli zogen die Generikahersteller nach.
In anderen Ländern wie Großbritannien wurde in dem Zusammenhang bereits ein Rückgang beobachtet. In Deutschland hingegen stagniert die Zahl der Neuinfektionen seit Jahren. Im Vorjahr steckten sich nach Berechnungen, die das Robert Koch-Institut (RKI) zum Welt-Aids-Tag veröffentlichte, 2500 Männer und 570 Frauen mit dem Immunschwäche-Virus an. Stark betroffen ist Berlin, wo Streeck nun auch viele PrEP-Verschreibungen zählt.
Zielgruppe der PrEP sind Menschen, die wegen häufig wechselnder Geschlechtspartner ein großes Risiko für eine Ansteckung mit HIV und somit ein besonders hohes Infektionsrisiko haben – nicht für Jedermann. Die Form der Anwendung ist recht neu, das Medikament an sich jedoch schon seit Jahren für die Therapie HIV-Infizierter zugelassen. Die Fixkombination soll die Virusvermehrung in den Zellen hemmen und bei regelmäßiger Einnahme einen hohen, wenn auch keinen 100-prozentigen Schutz vor HIV bieten.
User müssen einige Voraussetzungen erfüllen. Zum einen muss eine bestehende HIV-Infektionausgeschlossen sein. So sollen Resistenzen verhindert werden, da nur Menschen behandelt werden, die das Virus nicht tragen. Alle drei Monate findet eine erneute Kontrolle statt. Klar ist auch: Die Tabletten schützen nicht vor anderen sexuell übertragbaren Infektionen wie Syphilis. Darum ist die PrEP nur „in Kombination mit Safer-Sex-Praktiken“ zugelassen.
Noch ist aber nicht ganz klar, wie das wichtige Monitoring gesichert werden kann – denn auch dabei stehen die Zeichen auf Selberzahlen. Der Weg zur PrEP führt bis jetzt nur über eigens geschulte Ärzte und 20 bis 30-minütige Beratungen in einer der Apotheken, die sich an Tenberkens Pilotprojekt beteiligen. Bislang rund 60 an der Zahl. Beim Kauf bekommen Kunden neben Infomaterial und Antworten auf Fragen rund um die korrekte Einnahme auch den Hinweis zur Studie von Streeck.
Was weiß Streeck dank Online-Fragebogen über die Nutzer? Bislang seien es eher Menschen mit überdurchschnittlichem Einkommen, die sich die PrEP leisteten, sagt der Studienleiter. Trotz des im Vergleich niedrigen Preises bleibt die PrEP ein Luxus, den sich nicht jeder leisten kann. Einige User geben an, die Tabletten zuvor aus dem Ausland bezogen zu haben. Befragte hätten oft angegeben, schon vorher keine Kondome benutzt und bereits andere sexuell übertragbare Erkrankungen gehabt zu haben, sagt Streeck. Als Grund für den Kondom-Verzicht würden Erektionsstörungen genannt, aber auch der Wunsch des Partners. Die Motive für das Interesse an der PrEP seien gemischt. „Viele wollen zusätzlichen Schutz“, sagt der Forscher. Spätestens in einem Jahr will er Bilanz ziehen.
Ein in Teilen anderes Bild zeichnet die Berliner Apothekerin Claudia Neuhaus. „Das sind sehr gewissenhafte Menschen“, sagt die Inhaberin der Witzleben-Apotheke über die PrEP-Nutzer. Sie gäben an, trotz der Medikamente Kondome zu benutzen. Gerade in Beziehungen, in denen ein Partner HIV-positiv sei, gehe es um zusätzliche Absicherung, falls zum Beispiel das Kondom reiße. Am Medikament verdienten Apotheken rund zehn Euro, sagt Neuhaus. Wegen der aufwendigen Beratung bleibe unter dem Strich nichts liegen. „Das ist Pionierarbeit. Wir möchten die Verbreitung von HIV minimieren.“
Die Zahlen müssten runter, gibt auch Tenberken als Ziel an – es gelte jetzt, die Versorgung mit der PrEP zu stabilisieren. Für das Pilotprojekt holte sich der Apotheker Hexal mit ins Boot, außerdem kam Tenberkens Blisterzentrum Kölsche Blister ins Spiel. Hexal hat für dieses Projekt eigens eine Dosenware zu 90 Tabletten auf den Markt gebracht, die dann in in Einheiten à 28 Tabletten verblistert wird. So kann der Apotheker seinen Rabatt weitergeben, er muss lediglich die Aufschläge nach Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) dazurechnen. Im Ergebnis kostet die PrEP dann 50,05 Euro – ein Zehntel des üblichen Abgabepreises.
Das RKI schreibt in einem aktuellen Bericht: „Es wird interessant sein zu verfolgen, wie viele Menschen von dieser neuen Möglichkeit Gebrauch machen werden und ob die Zahl der PrEP-Nutzer so groß wird, dass sich dies auf die HIV-Neuinfektionszahlen auswirkt.“
Ein Blick nach Frankreich legt nahe, dass es wohl auch in Deutschland noch mehr Bedarf gäbe: Dort beugen Streeck zufolge etwa 4500 Menschen mit der PrEP vor, allerdings könne sie dort auch von den Kassen übernommen werden. Für Deutschland schätzt Streeck 8000 Nutzer. Eine Übernahme der Kosten auch hier fordert die Deutsche Aids-Hilfe schon länger. Und die Deutsche Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Ärzte in der Versorgung HIV-Infizierter (DAGNÄ) rechnete vor, dass die Prophylaxe günstiger sei als die langfristige Behandlung HIV-Infizierter. Es geht um tausende Fälle, die demnach in den nächsten Jahren vermeidbar wären.
Laut einer Studie von Erasmus MC Rotterdam in Zusammenarbeit mit der DAGNÄ und dem RKI könnte die PrEP – die Einführung im kommenden Jahr vorausgesetzt – bis 2030 etwa 9000 HIV-Neuinfektionen verhindern. Ein Grund mehr für Tenberken, für die Erstattung durch die Krankenkasse zu kämpfen.
Quellen-URL:
https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/pharmazie/prep-werden-neuinfektionen-sinken-hiv-truvada-erik-tenberken-hexal//print.html