Ob privat oder beruflich, Auslandsaufenthalte gehören heutzutage für jeden dazu. Diesbezüglich sollte man sich vor Reisebeginn über die HIV-spezifischen, medizinischen und rechtlichen Besonderheiten informieren.
Als erstes gilt es den eigenen Gesundheitszustand einzuschätzen. Aus diesem Grund sollte zuvor Rücksprache mit dem Arzt gehalten werden, um sicher zu gehen, dass der Immunstatus und die Therapie stabil sind. Als Faustregel kann man folgende Werte annehmen:
• CD4-Zahl >500: grenzenloses Reisen möglich (auch Tropen), Impfungen möglich
• CD4-Zahl 200-499: Magen-Darm-Infekte möglich, Tropenerkrankungen verlaufen schwerer
• CD4-Zahl <199: häufi geres Auftreten von Magen-Darm-Infektionen, Vorsicht bei Ländern mit problematischen Umwelt- und Hygienebedingungen, von der Einreise in einige Länder wird abgeraten, Impfungen teilweise nicht möglich/unwirksam
Es ist ebenfalls wichtig, dass eine bestehende HIV-Therapie nicht kurz vorher eingeleitet oder während der Reise umgestellt wird, um das Auftreten von Nebenwirkungen zu verhindern. Auch das Unterbrechen der Therapie während des Auslandsaufenthaltes gilt als medizinisch sehr bedenklich. Bei sonstigen Zwischenfällen empfi ehlt sich eine gut ausgestattete Reiseapotheke, die z.B. Paracetamol (Schmerzen, Fieber), Loperamid (Durchfall) und Metoclopramid (Übelkeit, Erbrechen) enthalten sollte.
Die Medikamente sollten grundsätzlich im Handgepäck transportiert werden, da das Reisegepäck verloren gehen kann. Es ist auch sinnvoll mehr Medikamente mitzunehmen als eigentlich gebraucht werden, um jegliche Verzögerungen (z.B. Streiks, Umwelteinflüsse) einzukalkulieren. Bei Verschreibungen, die über die üblichen 3 Monate hinausgehen, muss dies mit der Krankenkasse individuell abgeklärt werden. Zusätzlich sollte
man ein Begleitschreiben des Arztes (ggf. auf Englisch) mit sich führen, da das Einführen größerer Mengen Arzneimittel problematisch sein könnte. Dieses Schreiben sollte beinhalten, dass die Medikamente für den eigenen Gebrauch und zur Behandlung einer chronischen Erkrankung benötigt werden. HIV sollte man dabei nicht erwähnen, sinnvoll wäre es sich alternative Argumente bereitzulegen (z.B.: Bluthochdruck, Kreislauf), falls man in ein Land einreist, das HIV-Patienten diskriminiert. Dabei empfiehlt sich die Tabletten durch die Apotheke neutral verpacken zu lassen, z.B. auch durch Individualverblisterung.
Sollten während der Reise die Tabletten verloren gehen, gilt es erst einmal Ruhe zu bewahren. Man sollte diesen Fall vorher mit dem Arzt, Apotheker oder der Krankenkasse besprechen, um im Ernstfall genau zu wissen, was zu tun ist. Darüber hinaus haben die verschiedenen Arzneistoffe unterschiedliche Halbwertszeiten, also unterschiedliche Verweildauern im Körper. Über diese Zeiten sollte man sich vorher in der Apotheke informieren.
Auf www.aidsmap.com/e-atlas erhalten Sie zudem aktuelle Adressen von HIV-Organisationen, die im Notfall weiterhelfen können. Die Medikamente könnten im Urlaubsland auch andere Handelsnamen besitzen, daher wäre es gut, sich vorher von der Apotheke auch darüber aufklären zu lassen. Bezüglich der Kostenübernahme ist es ratsam sich um eine private Zusatzversicherung zu bemühen, die meistens für ein Jahr abgeschlossen werden.
Wird man bei der Einreise von Kontrollbeamten nach HIV gefragt, sollte man sich seine Antwort gut überlegen, da die Beamten zum einen nicht ausreichend über die rechtlichen Bedingungen informiert sein können und zum anderen die Einreise ins Land verweigert werden kann. Im Internet kann man sich im Voraus über die verschiedenen Einreisebedingungen und Aufenthaltsbestimmungen informieren (www.hivrestrictions.org, www.aidshilfe.de/de/shop/schnellfinder-2012-2013).
Man sollte sich auch vor Reiseantritt über die entsprechenden Gesetze bezüglich der HIV Übertragung und Exposition schlauzumachen, da man in manchen Ländern hierfür mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen muss. Gleiches gilt für auch Homosexualität. Auf der ILGA Webpage erhält man zahlreiche Informationen hierüber.
Vor dem geplanten Auslandsaufenthalt ist es auch möglich, sich bei uns in der Apotheke über die hier erwähnten Aspekte zu informieren. Wir bieten dazu eine ausführliche Impf- und Reiseapothekenberatung an, egal ob es sich dabei um eine Städtereise oder einen Strandurlaub handelt oder ob man mit dem Rucksack im Ausland unterwegs ist. Darüber hinaus können Sie sich bei uns über die entsprechenden Einreisebestimmungen des jeweiligen Landes bezüglich HIV informieren und ihre Medikamente, falls nötig, neutral verpacken lassen. Für weitere Fragen stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung, damit Ihrer Reise nichts mehr im Weg steht.
Quelle: Projektinformation Jahrgang 23, Nr.1, Januar/Februar 2015