Telaprevir wurde ursprünglich 2011 als Incivo® in der EU zusammen mit Peginterferon α und Ribavirin  zur Behandlung der Hepatits C zugelassen. 2016 wurde es von Janssen wieder vom Markt genommen, wurden doch in der Zwischenzeit deutlich zuverlässigere und einfachere Therapien zur Heilung einer chronischen HCV-Infektion zugelassen (u.A. Epclusa®, Harvoni®).

Der dadurch überflüssig gewordene Arzneistoff hat in einer Studie der New York University nun seinen Nutzen bei einer ganz anderen Krankheit gezeigt – Tuberkulose.

Antituberkulotika greifen an verschiedenen Stellen im Stoffwechsel des Erregers Mycobacterium tuberculosis ein. Interessant für die Wirkung von Telaprevir sind vor allem Antibiotika, die die Proteinbiosynthese hemmen. Durch sie häufen sich in den Mykobakterien fehlerhafte Proteine an, die letztendlich zum Erliegen des Stoffwechsels führen und das Bakterium abtöten. Bakterien sind allerdings in der Lage, einige dieser fehlerhaften Proteine zu reparieren und in ihre korrekte Form zu bringen. Dafür nutzen sie sog. „Chaperone“, die, wie der Name schon sagt, unfertige oder falsch geformte Proteine in ihre funktionsfähige, dreidimensionale Struktur bringen.

Telaprevir kann die Wirkung dieser Chaperone einschränken. Die durch Antitibiotikagabe fehlerhaften Proteine bleiben funktionsunfähig, erschweren dem Bakterium die Bildung von Resistenzen und machen es empfindlicher gegenüber anderen Antituberkulotika wie Rifampicin oder Aminoglykosid-Antibiotika. Es könnte also effektiv die Entstehung von Antibiotikaresistenzen verhindern oder resistenten Patient:innen den Zugang zu neuen alten Therapieoptionen ermöglichen.

Die Ergebnisse dieser Studie sind vorläufig. Es ist unwahrscheinlich, dass gerade Telaprevir in Zukunft für die unterstützende Therapie der Tuberkulose zugelassen wird. Allerdings ist es ein Ausgangspunkt für die Entwicklung weiterer Wirkstoffe, die auf den Erkenntnissen zu Telaprevir aufbauen können. Denn das Target von Telaprevir, die bakteriellen Chaperone, sind ein bisher noch wenig erforschtes Gebiet.

Quelle: https://doi.org/10.1016/j.chembiol.2021.11.004; Hosfelt J et al, An allosteric inhibitor of bacterial Hsp70 chaperone potentiates antibiotics and mitigates resistance,

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