Seit Ende 2021 ist die neue HIV-Prophylaxe Apretude® der Firma Viiv Healthcare als Alternative zur aktuellen Tablettentherapie auf dem US-amerikanischen Markt. Doch für welche Personengruppe bietet das häufig als HIV-„Impfung“ betitelte Mittel Vorteile? Vorneweg, es handelt sich nicht um eine Impfung, sondern um eine Depotspritze, die alle zwei Monate in das Gesäß appliziert wird. Der Wirkstoff Cabotegravir, ein Integrasehemmer, verhindert den Einbau der HI-Virus-DNA in die menschliche DNA und schütz so vor einem Virusbefall der T-Helferzellen.
Die orale Therapie, wie sie derzeit in Deutschland im Einsatz ist, beruht auf einem anderen Wirkprinzip und muss täglich eingenommen werden. Die Wirkstoffe Tenofovirdisoproxil und Emtricitabin blockieren das Umschreiben der viralen RNA in DNA, indem sie das HIV-eigene Enzym Reverse Transkriptase hemmen.
Die Studienlage spricht auf den ersten Blick für Apretude® - höhere Effektivität, bei allgemein besserer Verträglichkeit. In der Zulassungsstudie hatten Männer und Transmänner mit Depottherapie ein 69 % geringeres Risiko an einer HIV-Infektion zu erkranken, als die Vergleichsgruppe mit der Tablette Truvada® (Emtricitabin/Tenofovirdisoproxil). Bei Frauen konnte das Risiko im Vergleich um 90% gesenkt werden. Grund dafür ist die oftmals geringere Wirkstoffkonzentration in der Vaginalschleimhaut, insbesondere falls eine Tagesdosis vergessen wurde. Hier kann eine Depot-Arzneiform gegensteuern. Dabei ist nicht zu vergessen, dass die orale PrEP immer noch hochwirksam ist. Die Wirksamkeit hängt aber eng mit der Adhärenz der Patient:innen zusammen, im Gegensatz zur Injektion.
Zugelassen ist Apretude® für Jugendliche und Erwachsene ab 35 Kilogramm, die einen negativen HIV-Test vorweisen können. Nehmen unwissend HIV-positive Personen eine PrEP in Anspruch, können bei Behandlungsbeginn bereits therapieeinschränkende Resistenzen vorliegen. Dies sollten in jedem Fall vermieden werden. Um die Verträglichkeit zu testen, starten Betroffene mit einer Ein-Monats-Depot-Spritze und wiederholen dies im Folgemonat. Alternativ kann Cabotegravir initial als Tablette geschluckt werden, um die Verträglichkeit des Wirkstoffes zu überprüfen. Danach wird im zwei-Monats-Rhythmus ein Arztbesuch anstehen.
Im Vergleich zur oralen Therapie, die für 3 Monate verordnet werden kann, steigen folglich die Arztbesuche. Der Vorteil der langen Halbwertszeit ist jedoch gleichzeitig auch ein Nachteil. Bis zu ein Jahr nach Therapieabbruch ist Cabotegravir im Blut nachweisbar, jedoch ohne einen ausreichenden Schutz bieten zu können. Sollte es in dieser Zeit zu einer Infektion kommen, steigt das Risiko für Resistenzbildung gegen bestehende Therapiemöglichkeiten. Eine Lösung für dieses Problem ist eine einjährige orale PrEP im Anschluss.
Nebenwirkungen die häufiger unter der 2-Monatsspritze auftraten waren Reaktionen an der Injektionsstelle, Kopfschmerzen, Fieber, Müdigkeit, Rückenschmerzen, Muskelschmerzen und Hautausschläge.
Für welche Zielgruppe ist Apretude® also eine gelungene Alternative? Auf Grund der langen Halbwertszeit empfiehlt sich die Therapie besonders für Patienten, die sich mehrere Jahre unter einem erhöhten HIV-Expositionsrisiko befinden oder mit der oralen PrEP viel Reisen müssten. Die Zulassung für den deutschen Arzneimittelmarkt wurde bereits vom Hersteller Viiv Healthcare beantragt und wartet auf ihre Bestätigung.
Quelle: viivhealthcare.com/hiv-news-and-media
Aktuelle Themen
Neue Langzeit-PrEP Apretude® in den USA zugelassen
- Details