Ein erneuter Fall einer Spontanheilung in Frankreich führt zu der Hypothese, dass eine Mutation im Enzymsystem mit hoher Wahrscheinlichkeit als Ursache für eine HIV-Spontanheilung betrachtet werden kann.

Hierbei handelt es sich um das körpereigene APOBEC3G-Enzymsystem, welches für die Abwehr der Retroviren verantwortlich ist. Die Spontanheilung wird durch eine Mutation im humanen Erbmaterial durch das Enzymsystem hervorgerufen. Infolge dieser Mutation können die Viren bestimmte wichtige Proteine nicht mehr bilden, wodurch sie funktionsunfähig werden.

Die französische Patientin wurde zwischen 2002 und 2004 von ihrem Partner mit dem HI-Virus infiziert und 2006 als seropositiv diagnostiziert. Sie entwickelte nie eine Immunschwäche oder Symptome, die auf das HI-Virus schließen lassen konnten.

Während bei dem Partner HIV-RNA im Plasma und in Co-Kulturen nachgewiesen wurde, konnten bei ihr nur einzelne HIV-Fragmente im Serum nachgewiesen werden. Hierbei wurde entdeckt, dass diese viralen Fragmente typische Veränderungen besitzen, die auf die Aktivität des APOBEC3G-Enzymsystems hinweisen. Es konnte festgestellt werden, dass die Konzentration an dem APOBEC3G-Enzym bei ihr vielfach höher war als bei ihrem Partner. Daher kann abgeleitet werden, dass durch die erhöhte Konzentration auch eine erhöhte Abwehr der Retroviren bei der Patientin vorhanden war, was als Hauptursache der Spontanheilung betrachtet werden kann.

Es wird davon ausgegangen, dass es sich hierbei um eine erworbene und nicht um eine angeborene HIV-Resistenz handelt. Die Zusammensetzung des Darmmikrobioms spielt hierbei eine große Rolle, da dieses für die Entstehung und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch für die Überaktivierung des APOBEC3G-Systems verantwortlich ist. Forscherinnen und Forscher versuchen dieses Phänomen weiter zu untersuchen um die Hypothese zu bestätigen

Quelle: Deutsche Apotheker Zeitung S.33 „Erneute HIV-Spontanheilung 28.09.2020