In Kürze werden auch in Deutschland verschiedene HIV-Selbsttests im Handel sein. Das regelt eine Änderung der Medizinprodukte-Abgabeverordnung, der nun auch der Bundesrat zugestimmt hat. Zwar gibt es die Tests nicht ausschließlich in Apotheken. Trotzdem werden sie dort sicher häufig verkauft, weil Anwender auf den kompetenten Rat der Apotheker setzen.
In Deutschland leben rund 13.000 Menschen mit einer HIV-Infektion, ohne selbst davon zu wissen.
Auf In-vitro-Diagnostika hatten bislang nur Fachkreise wie Ärzte oder Gesundheitsämter Zugriff. In den vergangenen Jahren hätten sich Qualität und Handhabung von Selbsttests jedoch deutlich weiterentwickelt, heißt es in der neuen Verordnung. Das gelte insbesondere für Diagnostika zum Nachweis von HIV. Da man auf diesem Weg auch Menschen erreiche, die sich bislang gar nicht oder nur unregelmäßig testen ließen, erhöhten die Selbsttests letztlich die Wahrscheinlichkeit, »dass Infektionen zu einem früheren Zeitpunkt erkannt und behandelt werden und dadurch die Weitergabe von Infektionen verhindert wird«.
Tatsächlich empfiehlt die WHO bereits seit 2016 den Einsatz entsprechender Tests. In Ländern wie den USA und Frankreich kommen sie schon zum Einsatz. Im Juni 2018 hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) angekündigt, dass nun auch Deutschland folgen wird und die geänderte Abgabeverordnung auf den Weg gebracht. Eine Apothekenpflicht für die Schnelltests gibt es allerdings nicht. Für eine solche Regelung hatte zuletzt unter anderem die ABDA plädiert und auf den Beratungsbedarf rund um die Tests verwiesen. Doch das Argument überzeugte die Politik offenbar nicht. Andere Länder koppeln die Abgabe hingegen durchaus an einen Heilberufler. So gibt es die Schnelltests laut ABDA in Österreich, Dänemark, Irland und Spanien ausschließlich in der Arztpraxis oder Apotheke.
Verschiedene Arten von Tests
Auch ohne Apothekenpflicht dürften die Selbsttests hierzulande in Kürze häufig Thema in der Offizin sein. Grundsätzlich gilt es, verschiedene Arten von Tests zu unterscheiden: Die sogenannten HIV-Antikörper-Suchtests detektieren im Blut Antikörper auf das HI-Virus. Ein anderer Test ist der HIV-PCR-Test, welcher im Blut nicht die Antikörper, sondern die Viren direkt nachweist. Letztgenannter wird vor allem im Rahmen einer HIV-Behandlung verwendet, um zu schauen, ob die Therapie wirkt. In der Regel dienen HIV-Antikörpertests dagegen zum Nachweis der Infektion. Der Schnell- oder Labortest beim Arzt oder im Gesundheitsamt sowie die HIV-Selbsttests haben die HIV-Antikörpersuche als gemeinsames Wirkprinzip. Manchmal gibt es dennoch einen Unterschied: Denn der Test auf Antikörper kann ergänzt sein durch einen Test auf das Antigen p24, einem Virusbestandteil, der in der frühen Phase der Infektion nachweisbar ist, später aber nicht mehr. Auf dieses Antigen testen die HIV-Selbsttests nicht.
Da die Antikörper-Produktion nach der HIV-Übertragung erst anläuft, kann man mithilfe eines Antikörpertests eine Infektion auch erst nach zwölf Wochen sicher ausschließen. Nach einer möglichen Ansteckung sollte man daher zunächst so lange abwarten, bevor man sich einen Selbsttest besorgt. Auch wenn der Test eine Infektion oft schon früher nachweisen kann, ist das Ergebnis „HIV-negativ“ wirklich erst nach zwölf Wochen zuverlässig.
Bei der Auswahl eines HIV-Selbsttests sind zwei Kriterien besonders wichtig: Der Test sollte zum einen unbedingt auf der Basis einer Blutprobe und nicht auf der Basis einer Speichel- oder Urinprobe erfolgen, da die Konzentration der HIV-Antikörper im Blut am höchsten ist. Zudem sollte die Wahl unbedingt auf einen Test mit einem CE-Kennzeichen fallen. Im Internet finden sich auch andere Tests ohne dieses Siegel. Ob sie die notwendigen Qualitätsanforderungen erfüllen, ist aber fraglich.
Ergebnis nach 15 Minuten
Voraussichtlich ab Oktober werden verschiedene Unternehmen einen Test in Deutschland auf den Markt bringen. Fünf Beispiele für Tests mit CE-Kennzeichen sind: Atomo® HIV Self Test, Autotest VIH®, Biosure® HIV Self Test, Exacto® Pro HIV, Insti® HIV Self Test. Der Verkaufspreis dürfte in etwa zwischen 25 und 40 Euro liegen. Die Durchführung des Tests ist einfach. Es wird eine kleine Blutprobe aus der Fingerkuppe gewonnen und diese in eine Testapparatur gegeben. Der HIV-Selbsttest zeigt das Ergebnis nach ungefähr 15 Minuten an. Das Resultat „HIV negativ“ ist zuverlässig, wenn – wie oben beschrieben – ein Abstand von mindestens drei Monate zwischen möglicher Übertragung und Test eingehalten wurde.
Sollte das Test „HIV positiv“ ergeben, ist dieses Ergebnis durch einen weiteren Labortest, zum Beispiel in der Arztpraxis oder beim Gesundheitsamt, unbedingt zu bestätigen. Denn Kreuzreaktionen können das Ergebnis beeinflussen, sodass der Test dann falsch positiv ausfällt. Dass tatsächlich eine HIV-Infektion vorliegt, ist erst nach diesem zweiten Test gesichert. Auch darauf sollten Apotheker die Anwender unbedingt hinweisen.
Gut möglich, dass bei der Beratung zu den HIV-Selbsttests auch die Themen Präexpositionsprophylaxe (PREP) und Postexpositionsprophylaxe (PEP) zur Sprache kommen. PEP und PREP können nicht zu 100 Prozent vor einer Infektion schützen. Jedoch können sie dafür sorgen, dass ein HIV-Selbsttest falsch negativ ausfällt. Wer PREP oder PEP anwendet, sollte daher zum Beispiel beim Arzt oder beim Gesundheitsamt einen Test machen lassen.
Ein Test ist immer dann angebracht, wenn die Möglichkeit besteht, sich mit HIV infiziert zu haben, heißt es bei der Deutschen Aids-Hilfe. Männern, die Sex mit Männern haben und anderen Menschen mit einem statistisch erhöhten HIV-Risiko rät sie zu einem jährlichen Routine-Check. Die wichtigste Botschaft lautet: Im Zweifel ein HIV-Test. Wird HIV rechtzeitig erkannt und behandelt, hat man hierzulande eine fast normale Lebenserwartung. Unwissentlich HIV-positiv zu sein, kann hingegen schwere Gesundheitsschäden zur Folge haben. Laut der Deutschen Aids-Hilfe wissen in Deutschland rund 13.000 Menschen nichts von ihrer HIV-Infektion und mehr als 1000 Menschen erkranken jährlich an Aids oder einem schweren Immundefekt, weil die HIV-Infektion über Jahre nicht erkannt wurde.
Sven Siebenand, Stephanie Schersch 24.09.2018
Quelle: https://www.pharmazeutische-zeitung.de/das-sollten-apotheker-wissen/